Tierreport – Offizielles Organ des Schweizer Tierschutz STS
Tierreport – Offizielles Organ des schweizer Tierschutz STS

Das leidvolle Geschäft mit den Importwelpen

  • Die Welpen stammen oft aus tierquälerischen Zuchten und werden von organisierten kriminellen Banden verkauft. © STS

    Die Welpen stammen oft aus tierquälerischen Zuchten und werden von organisierten kriminellen Banden verkauft. © STS

  • Unfassbar: Welpenhandel und -transport unter grauenhaften Umständen. (©Veterinärbehörde Karlsruhe)

    Unfassbar: Welpenhandel und -transport unter grauenhaften Umständen. (©Veterinärbehörde Karlsruhe)

Die Welpen stammen oft aus tierquälerischen Zuchten und werden von organisierten kriminellen Banden verkauft. (© STS)Der Handel mit illegal importierten Hunden in der Schweiz boomt, wie viele fragwürdige Internetinserate belegen. Die Welpen stammen oft aus tierquälerischen Zuchten und werden von organisierten kriminellen Banden verkauft. Die Behörden prüfen strenge Massnahmen, der Schweizer Tierschutz STS startet eine landesweite Informationskampagne.

 Simon Hubacher

Kantonspolizisten und Mitarbeitende des Veterinäramtes postieren sich im Sommer 2015 unauffällig um eine Wohnung im Kanton St.  Gallen. Dann schnappt die Falle zu: Auf frischer Tat erwischen die Beamten einen illegalen Tierhändler, als er bei einem fingierten Kaufgeschäft die fünf Wochen alte Französische Bulldogge «Nudli» an das angebliche Käuferpaar übergeben will. Einer aufmerksamen und engagierten Tierfreundin waren auf einer Verkaufsplattform im Internet verdächtige Verkaufsinserate des Händlers aufgefallen. Bereits früher hatten die Behörden versucht, ihm das Handwerk zu legen, allerdings vergeblich.

Gegen das Tierschutzgesetz

Bei der Überprüfung der Begleitpapiere stellt sich heraus, dass Nudli aus Ungarn stammt, nicht vorschriftsmässig geimpft sowie zu jung für Abgabe und Transport ist. Er wurde illegal importiert, da er am Zoll nicht vorgewiesen und deklariert worden war, somit gegen die Einfuhrbedingungen verstossen wurde. Zudem liegt keine kantonale Handelsbewilligung des Verkäufers für die Hunde vor. Er wird später wegen Zuwiderhandlung gegen das Tierschutzgesetz und weiteren Delikten verzeigt. Heute lebt Nudli unter dem Namen Yoda bei einer Schweizer Familie, zeigt zwar problematische Verhaltensweisen, ist aber ansonsten ein gesunder Junghund.

Herkunft oft unbekannt

Die Dunkelziffer beim illegalen Hunde­import und -handel ist gross, verlässliche Zahlen liegen keine vor. 2014 wurden in der Schweiz 9500 Importhunde registriert (rund vierzig Prozent aller importierten Hunde), deren Herkunftsland nicht eruiert werden konnte. Meistens, weil der erste Heimtierausweis nicht mehr vorhanden war. Erfahrungsgemäss stammen die Hunde aus Spanien sowie aus osteuropäischen Ländern wie Ungarn, Bulgarien, der Slowakei und Polen, wie im neuen STS-Report («Auf den Hund gekommen: Illegaler Hundehandel und -import fördern Tierleid und Kriminalität») berichtet wird. Die Gewinnmarge für ausländische Händler liegt bei durchschnittlich 1000 Franken pro Hund. Die Welpen werden im Ausland oft unter schlimmsten Bedingungen gezüchtet. Sie leben eingepfercht in kleinen, stark verschmutzten Drahtkäfigen oder Boxen. Viele Muttertiere sehen nie Tageslicht und werden regelrecht als Gebärmaschinen missbraucht. Die Welpen werden meist zu früh von den Müttern getrennt und sind geschwächt, manchmal gar todkrank, sowie häufig schlecht sozialisiert. Viele Welpen sterben während des Transports oder kurz danach. Der illegale Hundehandel produziert nicht nur massenweise Tierleid, sondern öffnet auch hoch ansteckenden Krankheiten Tür und Tor. Zudem wird ein kriminelles, mafiös strukturiertes System unterstützt, das zusätzliches Tierleid ankurbelt.

Unfassbar: Welpenhandel und -transport unter grauenhaften Umständen. (© Veterinärbehörde Karlsruhe)

Viele Internetinserate unseriös

Sowohl der legale wie auch der illegale Tiermarkt laufen heute primär in Form von Kleinanzeigen über hoch frequentierte Inserateplattformen im Internet. Mehrere zehntausend Inserate mit Hunde-, Katzen-, Heim- und Wildtierangeboten sind in der Schweiz täglich online. Wie umfangreiche Recherchen des Schweizer Tierschutz STS in früheren Jahren zeigten, sind vor allem im Bereich der Hunde bis zu achtzig Prozent der Inserate unseriös – oder es stellen sich zumindest Fragen zur Identität des Anbieters und zur Herkunft der Hunde. Diese Tatsachen dürften einem Grossteil der interessierten Käufer nicht bewusst sein. Und selbst wenn, können sie Angaben und angepriesene Qualität der «Lebendware Tier» anhand der undurchsichtigen Inserate nicht überprüfen. Auch die Kontrolle der Inserate seitens der Plattformbetreiber ist oft mangelhaft.

Neue Massnahmen werden geprüft

Im Mai 2014 beantwortete der Bundesrat einen Vorstoss von Nationalrätin Maya Graf (Grüne) zur Problematik des boomenden Onlinehundehandels. Er räumte ernst zu nehmende tierschutz- und tierseuchenrechtliche sowie Konsumentenschutzprobleme ein. Bis heute erliess der Bund aber keine griffigen Importvorschriften, um dem illegalen Hundehandel Einhalt zu gebieten. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des kantonalen Vollzugs, der Oberzolldirektion, des Tierschutzes und der Bundesverwaltung wurde Ende 2014 beauftragt, mögliche Massnahmen zur Reduktion illegaler Hundeimporte zu prüfen. Der Abschlussbericht liegt inzwischen vor und die Kantonstierärzte prüfen dessen Umsetzung. Der Bericht listet Massnahmen auf zur Verringerung der Nachfrage, zum vereinfachten Vollzug und zu schärferen Konsequenzen bei illegalen Importen.


Augen auf beim Hundekauf!

Eine neue Informationskampagne macht zukünftige Hundebesitzer da­rauf aufmerksam, dass ein Hundekauf kein Spontanentscheid sein darf und worauf zu achten ist, um böse Überraschungen zu vermeiden. Den Auftakt zur Kampagne, die das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) gemeinsam mit dem Schweizer Tierschutz STS lanciert, macht die Publikation der Broschüre «Augen auf beim Hundekauf». Zur Kampagne gehört auch die Website hundekauf.ch mit vielen hilfreichen Informationen. In den kommenden Wochen machen Banner auf Onlineverkaufsplattformen mit Tierinseraten auf das Problem aufmerksam. «Wir sind überzeugt, dass der illegale Hundeimport eingeschränkt werden kann, wenn der Bund, der STS und die Kantone weiter eng zusammenarbeiten», zeigen sich Kaspar Jörger, Leiter der Abteilung Tierschutz beim BLV, und STS-Präsident Heinz Lienhard überzeugt. www.hundekauf.ch

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